Intelligente Kiffer

Ist die Intelligenz bei Teenagern die kiffen gefährdet?

Rund um den Konsum von Cannabis gibt es mittlerweile schier unzählige Studien – kein Wunder, denn mit dem Fall der Verbote in manchen Ländern können  die Wirkungen, Auswirkungen und langfristige Folgen viel besser beleuchtet werden, als noch vor einigen Jahrzehnten.

Eine dieser Studien aus dem Jahr 2012 sorgte für viel Aufregung: Die Wissenschaftlerin der Studie an der Duke Universität, Terrie Moffitt, stellte darin die These auf, dass Cannabis-Konsum im Teenangeralter die Intelligenz gefährde.

Und auch schon lange davor galt es als ungeschriebene Tatsache, dass „Kiffen dumm mache“. Dabei wurde angeführt, dass das Gehirn im Jugendalter noch in der Entwicklungsphase stecke und deshalb mit den Drogen „anders“ umgehen würde als bei Erwachsenen. Aber ist das tatsächlich so?

Zwei Studien aus England und den USA bringen nun allerdings andere Ergebnisse:  Ob man in der Jugend kiffe, oder nicht, habe keine ausgeprägten Auswirkungen, weder auf das Hirn noch auf die Intelligenz.

2235 Jugendliche nahmen an der Studie in England teil

Forscher der Universitäten zu London und Bristol haben sich zusammengetan, und unter der Forschungsfrage „Are IQ and educational outcomes in teenagers related to their cannabis use?“ [„Stehen IQ und Bildungserfolge bei Teenagern in Zusammenhang mit ihrem Cannabis-Konsum?“] 2235 Jugendliche untersucht.

Mit Hilfe eines Fragebogens sollten die Jugendlichen Einblicke in ihren Cannabis-Konsum geben. Am Anfang stand die Frage, wie oft sie bis zu ihrem 15. Lebensjahr gekifft haben, dabei standen ihnen Antwortmöglichkeiten von „niemals“ bis hin zu „Hundert Mal und öfter“ zur Verfügung.

Natürlich wurden in die Studie auch alle anderen Faktoren, wie beispielsweise Rauchen von Zigaretten, soziales Umfeld, etc. miteinbezogen und die Ergebnisse so angeglichen und verfeinert.

Am Ende stand das Ergebnis fest: die Jugendlichen, die angegeben hatten mindestens 50 Mal in ihrem Leben Cannabis konsumiert zu haben, zeigten keinen Unterschied zu den gleichaltrigen Jugendlichen, die noch nie gekifft hatten.

Interessant hierbei: die Forscher erfassten allerdings sehr wohl einen Unterschied zwischen Tabakrauchern- und Nichtrauchern. Die Zigaretten scheinen also laut dieser Studie einen höheren Einfluss auf den IQ und die schulischen Leistungen als Cannabis-Konsum zu haben.

Gleiche Ergebnisse bei der amerikanischen Studie

Wurden in England 2235 „individuelle“ Jugendliche untersucht, setzte man bei der Studie der Universitiy of Southern California unter der Leitung von Nicholas J. Jackson auf Zwillinge, und zwar gleich zwei Gruppen.

Der Vorteil bei solchen Langzeitversuchen mit Zwillingen ist die Tatsache, dass beide Geschwisterteile aus dem gleichen sozialen Umfeld stammen, beide die gleichen Voraussetzungen und Möglichkeiten haben und, bei eineiigen Zwillingen sogar über das identische Gen-Material verfügen.

Bei den Versuchen wurden die Probanden zwischen 9 – 12 Jahren (und vor dem ersten Cannabis-Konsum) einem IQ-Test unterzogen. Ein weiterer Test zwischen 17 – 20 Jahren und ersten Cannabis-Experimenten, die während der Untersuchungsphase akribisch erfasst wurden, brachte dann das überraschende Ergebnis: bei keinem der Teilnehmer hatten sich die Leistungen über die Zeit signifikant verschlechtern. Man bemerkte zwar, dass die Kiffer bei einigen Übungen zum Vokabular und Allgemeinwissen nicht so gut wie ihre nicht-kiffenden Geschwister abschnitten, aber auch da waren die Unterschiede nicht immens.

Selbst zwischen Jugendlichen, die nur selten mal zum Joint greifen und denjenigen, die mindestens über 6 Monate jeden Tag gekifft haben, konnte kein großer Unterschied in der Intelligenz festgestellt werden.

Intelligente Jugendliche nehmen am häufigsten Drogen

Wenn man beleuchtet, inwiefern Cannabis und Co. Einfluss auf die Intelligenz von Jugendlichen nehmen, gibt es eine dritte Studie, die in diesem Zusammenhang sicherlich erwähnenswert ist.

Denn bei der britischen !AVon Longitudinal Study of Parents and Children“, einer Langzeitstudie an der über 14.000 Kinder und Jugendliche zu allen Gesundheitsfragen untersucht werden, kam heraus, dass der Drogenkonsum bei intelligenten Jugendlichen am höchsten ist.

Die Kinder wurden hierfür mit 5 Jahren einem Intelligenztest unterzogen, der mit 16 sowie mit 30 Jahren wiederholt wurde. Das Ergebnis: je schlauer die Teilnehmer im Kleinkinderalter waren, desto häufiger griffen sie in ihrem späteren Leben zu Drogen.

Das große Fragezeichen hinter allen Studien

Egal, welche Ergebnisse man heranziehen möchte, um die eigene These zu dem Thema zu untermauern, alle haben eine fundamentale Schwachstelle: Wir wissen im Endeffekt noch lange nicht genug über das menschliche Gehirn, seine Funktionsweisen und Intelligenz, um zu wirklich sicheren Ergebnissen zu kommen.

Alleine die Stabilität des Intelligenzquotienten ist noch lange nicht geklärt. So kann sich der IQ beispielsweise verändern, je älter man wird. Und das ist beide Richtungen: bis zu 20 IQ-Punkte kann es hoch- oder aber auch runtergehen, warum dies allerdings so ist, kann man nicht zweifelsfrei sagen.

Natürlich, wer sich in seinem Leben nicht viel mit Nachrichten befasst oder insgesamt eher uninteressiert ist, bei dem wird sich der IQ wohl eher nicht steigern. Aber ist man aufmerksam, bildet sich weiter und trainiert das Gehirn z. B. durch Gedächtnisübungen, kann man eine deutliche Steigerung feststellen.

Noch dazu kommen die gesamten Lebensumstände, die erheblichen Einfluss auf die Entwicklung des Gehirns haben können. Das soziale Umfeld, ob man zum Beispiel Zugang zu guten Ausbildungsmöglichkeiten hat, ob die Eltern selbst intelligent oder eher weniger intelligent sind und natürlich auch die psychologische Veranlagung sind allesamt Faktoren, die auf den IQ Einfluss nehmen.

Insofern ist eigentlich jede Studie, die die Zusammenhänge von Intelligenz und Cannabis-Konsum bei Jugendlichen untersucht, mit ein wenig Vorsicht zu genießen.

Weiterführende Links

SAGE journals
PNAS 
University of Bristol