Hanf rettet Wälder, Böden und die Atmosphäre
Hanf-Papier
Hanf ist seit mindestens 2.000 Jahren ein zuverlässiger Papierlieferant, der schnell nachwächst, leicht zu produzieren ist und Böden wie Wälder schont. Bis ins späte 19. Jahrhundert wurden bis zu 90 Prozent des weltweit produzierten Papiers aus Hanffasern hergestellt; heute sind es nur noch 0,05%.
Oft werden für diese erstaunliche Abnahme der Produktionsmenge fälschlicherweise die Produktionskosten als Grund zitiert. Tatsächlich ist es momentan um ein Vielfaches teurer, aus Hanf-Rohmasse Papier zu gewinnen. Dies liegt allerdings daran, dass die industrielle Herstellung von Hanf Papier nie im großen Maßstab voran getrieben wurde. Also sind die vorhandenen Verarbeitungsmaschinen meist veraltet. Heute wird Hanf noch regelmäßig in Kulturen verwendet, die viel Wert auf handgeschriebene, spirituelle Manuskripte und Kalligrafie legen.
Hanf produziert mehr Papier pro Anbaufläche als jedes andere Material
Die Idee, durch Hanfpapier Wälder vor der Abholzung zu bewahren, ist nicht neu. Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts gaben diverse Regierungen, darunter die amerikanische, entsprechende Studien in Auftrag. Das Ergebnis war eindeutig: Hanf verbraucht bei derselben Menge produzierten Papiers nur ein Viertel der landwirtschaftlichen Fläche wie Bäume. Bis heute sind alle Hanf Experten sich einig: Es gibt kein anderen Rohstoff auf der Welt, der soviel Papier mit sowenig Bodenverbrauch produzieren kann wie Hanf.
Bäume müssen 20 bis 50 Jahre lang wachsen, bevor sie für die Papierproduktion oder andere kommerzielle Verwendungen nutzbar werden. Hanfpflanzen hingegen brauchen vier Monate, bevor ihre Fasern genug für die Weiterverarbeitung sind. Hanf kann auch auf kleinen Grundstücken unter so gut wie allen klimatischen Konditionen angebaut werden, während Bäume große Flächen mit bestimmten Wachstumsbedingungen benötigen. Zusammengefasst liefert Hanf als einjährige Pflanze auf der gleichen Fläche vier bis fünf mal soviel Papier wie Wald.
Der in Holz gebundene Celluloseanteil von 50% ist durch 25% Lignin gebunden. Zur Papierherstellung muss dieses erst gelöst werden, was beunruhigende Mengen an umweltbelastenden Stoffen wie etwa Schwefelsalze benötigt. So generiert die Papierproduktion nicht nur jährlich 50 Millionen Tonnen Lignin, sondern auch weitere Tonnen hochgiftigen Schwefeldioxids und Schwefelwasserstoffs. Hanf hingegen enthält zwar 65% Zellulose in seinen Fasern und 35% in den Schäben. Diese sind jedoch lediglich mit etwa 3% Lignin gebunden. Dadurch ist die Papierproduktion aus Hanf um ein Vielfaches weniger chemikalienbelastet.
Da Hanfpapier säurefrei ist, vergilbt es auch nicht. Die wenigsten Hölzer haben einen so hohen Zellulosegehalt wie Hanf , weshalb das produzierte Papier extrem lange hält und auch feucht sehr reißfest bleibt. Hanfpapier kann bis zu sieben Mal ohne fühlbaren Qualitätsverlust recycelt werden. Im Gegensatz dazu ist bei Holzpapier nach dem dritten Zyklus Schluss. Hanfpapier muss auch nicht mit Chlor gebleicht werden, was in der Papierproduktion eine massive Belastung für Grundwasser und Böden darstellt.
Einziger Verlierer beim Hanf Papier: Die Holzindustrie
Forschungseinrichtungen wurden ab 1900 in den USA und Europa damit beauftragt, Hanfpapier-Produktionsversuche mit verschiedenen Sorten und Herstellungsprozessen durchzuführen. Doch dann machte das Cannabis-Verbot, nicht zuletzt angeschoben von Interessenvertretern der Holzindustrie, diesen Papier-Experimenten einen Strich durch die Rechnung.
Ohne dieses Verbot hätten bis heute Milliarden an Bäumen am Leben bleiben können und ihre wichtige Arbeit als Sauerstofflieferant und Bewahrer des natürlichen, biologischen Gleichgewichts verrichten können. Millionen Hektar an Wäldern und damit wertvollem humosen Böden sowie biologischen Habitaten von gefährdeten Arten wären heute noch intakt.
Doch auch und gerade in die Zukunft gedacht ist die Nutzung von Hanf zur Papierproduktion ein Muss. Trotz unserer digitalen Welt verbrauchen wir in Deutschland pro Kopf und Jahr etwa 235 Kg an Papier. Schwellenländer wie China mit 40 Kg pro Kopf Verbrauch und Indien mit nur 4 Kg schließen jedoch rasend schnell auf. Es würde schlicht das Ende unserer Ökosphäre (und davor noch den Niedergang vor allem der tropischen und nordischen Urwälder) bedeuten, wenn jedes Land dieser Erde im Papierverbrauch auf die Industrienationen aufsetzen wollte.
Der Einsatz von Hanf ist hier kein Luxus mehr, sondern eine Notwendigkeit. Allein in Deutschland wäre dies auch praktisch überhaupt kein Problem: Wir könnten unseren Jahrespapierbedarf von nahezu 20 Millionen Tonnen schon allein durch die Bepflanzung momentan brach liegender Ackerflächen mit dem Rohstoff Hanf decken.
Baumaterial Hanf
Hanf im Gebäudebau zu verarbeiten, ist wahrscheinlich eine der zukunftsträchtigsten Nutzungsmöglichkeiten der Pflanze überhaupt. Architektonisch wird Hanf sowieso bereits seit Jahrtausende genutzt.
Heute spielen bei der Neuentdeckung der Pionierpflanze sowohl nachhaltigere Bauweisen in entwickelten Ländern wie schnell zu errichtende, klima-sensible sowie preiswerte Gebäude in Entwicklungs-und Schwellenländern eine Rolle. In Europa gewinnt Hanf als Isolationsmaterial zunehmend an Bedeutung. Mit „Hempcrete“ ist bereits eine stärkere (!), sehr viel leichtere und vor allem umweltfreundlichere Alternative zu reinem Beton entwickelt worden.
Ein komplettes Hanfhaus lässt sich theoretisch auf dem eigenen Acker bauen
Dabei wird die Hanfdämmung um Hanfbacksteine ergänzt, für die eine Mixtur aus Hanfschäben und Kalkbindemitteln unter unterschiedlichem Druck formgepresst wird. Die entstehenden Baustoffe sind überraschend diversifiziert.
Doch auch für eher traditionelle Häuslebauer ist Hanf als Baustoff interessant – vor allem zur Dämmung. Bis 2006 förderte das Bundeslandwirtschaftsministerium den Einsatz von Hanfdämmung mit Subventionen; inzwischen ist die staatliche Bezuschussung für Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen unverständlicherweise eingestellt worden.
Das sollte Hausbauer dennoch nicht davon abhalten, mit einer Hanf-Dämmung zu isolieren. Der als Dämmfilz oder als Matte erhältliche Isolierhanf wird als reiner Naturstoff, mit Stützfasern aus Polyester und dem Zusatz von Borsalz zur Brandschutzverbesserung angeboten. Für Allergiker ist Hanf im Haus perfekt geeignet: Er ist ohne Zusätze schädlingsresistent und feuchtigkeitsbeständig. Hanfschäben können außerdem als Schüttdämmung eingesetzt werden.
Kunststoffersatz Hanf
Immer mehr Kunststoff-Labore weltweit experimentieren mit Hanf als Grundstoff. Bekannt ist die Pionierpflanze schon lange für seine diesbezügliche Verwendbarkeit – erstmals berühmt wurde Hanf Kunststoff, als Henry Ford in den frühen 1940ern den Prototyp eines Ford-Modells vorstellte, der fast gänzlich aus Soja und Hanf Kunststoffen hergestellt war. Aus dubiosen Gründen, bei denen der damalige industrielle Chemiegigant DuPont eine wohl eher unrühmliche Rolle gespielt hat, ging das Hanf-Auto nie in Produktion.
In neuerer Zeit setzen vor allem junge, umweltbewusste Design-StartUps Hanf als Produktionsmittel ein. Sie setzen unter anderem auf die Tatsache, dass Hanfprodukte ganz im Gegensatz zu den allermeisten anderen Kunststoffen zu 100% kompostierbar sind.
Doch auch die Autoindustrie interessiert sich zunehmend wieder für Hanf als Rohstoff, vor allem für den Innenausbau. Bereits jetzt liegt der Marktanteil der Automobilindustrie am Hanffasermarkt bei etwa 15 – 20%; in manchen Autoindustrienationen wie Deutschland decken Automobilbauer bis zu 15% Prozent ihres Faserbedarfs mit Hanf. Hauptsächlich landen die Hanffasern dabei in Formpressteilen, die häufig im Spritzgussverfahren hergestellt sind.
Zulieferer der Autoindustrie schätzen am Hanf seiner organische Fungizität und relativ schlechte Entflammbarkeit. Zudem sind bei Formpressteilen aus Hanf die Bruchstellenkanten weniger scharf als bei den meisten anderen Materialien; das minimiert die Schnittverletzungsgefahr und damit sowohl Präventions- als Unfallkosten. Hanfteile wiegen außerdem wesentlich weniger als Formpressteile aus Holzfasern. Das senkt das Gesamtgewicht des Autos und damit seinen Energieverbrauch; wiederum ein echter Pluspunkt für die Umwelt.
Treibstoff mit Hanf
Bio-Treibstoff und Bio-Diesel sind zunehmend kontrovers diskutierte Versuche, einen umweltfreundlichen Treibstoff durchzusetzen. Genauso wie im Grunde jedes andere Pflanzenöl lässt sich auch Hanföl zur Herstellung von Bio-Treibstoffen nutzen – im Gegensatz zu diesen riechen aber sogar die bei der Verbrennung entstehenden Abgase angenehm. Während allerdings für die Produktion alternativer Pflanzenöle oft wertvolle, andernfalls landwirtschaftlich nutzbare Böden besetzt werden, ist Hanf als Pionierpflanze auch auf brachliegenden Feldern kultivierbar, die keine Lebensmittel produzieren können.
Hanf als Energiequelle mit positiver CO2-Bilanz
Zwar birgt Hanf im Vergleich zu anderen Pflanzensorten wie etwa Raps nur etwa ein Viertel des Samenertrags – was er aber durch seine kurzen Vegetationsphasen wieder kompensiert. Zusätzlich sind für die Aufzucht kaum Chemikalien notwendig. Da Hanf Treibstoff in der Verbrennung CO˛-neutral ist und außerdem während der Wachstumsphase die Bodenqualität optimiert, ist es die einzige pflanzliche Energiequelle, deren CO2-Bilanz insgesamt sogar positiv ist!
Biodiesel aus Hanf ist außerdem so gut wie schwefelfrei und verursacht so keinen sauren Regen; es erzeugt kaum Rußgase und überhaupt keine Benzole. Sein hoher Flammpunkt bei etwa 170 °C minimiert das Explosionsrisiko, weshalb er aus der Gefahrgutliste gestrichen wurde und kostengünstiger transportiert werden kann.
Vor allem löst Hanf Diesel ein schwerwiegendes Problem, das etwa bei Rapsdiesel auftritt: Bei niedrigen Temperaturen ist dieser zähflüssiger als herkömmlicher Diesel – was einer der Gründe ist, warum er in herkömmlichen Dieselmotoren nur zögerlich eingesetzt wird. Hanf-Biodiesel hingegen behält auch bei Kälte seine hohe Viskosität.
Sobald die sich noch in der Entwicklung zur Marktreife befindliche Technologie zur Herstellung von Zellulose-Äthanol ausgereift ist, ließen sich außerdem Hanf Reststoffe zur Treibstoffproduktion nutzen, die bei der Papier- oder Lebensmittelherstellung abfallen. Damit wäre der Umwelt tatsächlich ein großer Gefallen getan. Denn Hanf Treibstoff verbrennt, ohne nennenswerte giftige Abfallstoffe zu produzieren. Doch nicht nur die Natur würde profitieren. Ein kompletter Industriezweig mit Tausenden neuer Jobs könnte entstehen.
Generell produziert Hanf am meisten Biomasse von allen Pflanzen, die in gemäßigtem Klima weiträumig anbaubar sind. Damit ist es die größte mögliche pflanzliche Energiequelle auf der Erde, die sich ohne nennenswerte Auswirkungen auf das biologische Gleichgewicht kultivieren ließe. Studien des US-Landwirtschaftsministeriums haben ergeben, dass Hanf, richtig eingesetzt und auf allen momentan verfügbaren, freien (!) Ackerflächen angebaut, bei Einsatz der notwendigen Technologien 100% des Energiebedarfs in Amerika und in Kombination mit Solarkraft wahrscheinlich auch weltweit decken könnte.
Dies würde nicht nur Atomenergie und Kohlebergbau überflüssig machen, sondern auch Ende für die Monopolmacht der Ölkonzerne bedeuten – und damit eine erhebliche Erleichterung vor allem für Schwellen- und Entwicklungsländer.
Hanf der Bodenoptimierer
Eine der in meinen Augen beeindruckendsten (und auch von vielen Umweltschützern noch unterschätzten) Eigenschaften des Hanf ist seine Fähigkeit, vergiftete Böden wieder in wertvolle Erde zu verwandeln.
Spätestens seit Ende der 1990er Jahre ist klar geworden, welche Potenz im Hanf zum Entkontamination von Böden steckt. Zu diesem Zeitpunkt wurde Hanf nämlich in der Nähe von Tschernobyl gepflanzt, im völlig versuchten Boden nahe des verunglückten Atomreaktors in der Ukraine. Dabei stellte sich unter anderem heraus, dass Hanf besonders gut für die Bereinigung des Bodens von Kadmium ist, einem Schwermetall, das Nierenversagen auslösen und für die Verformung von Knochen und Gelenken verantwortlich sein kann.
Diese Einsatzmöglichkeit für die Hanfpflanze wird als Phytoremediation oder Phytosanierung bezeichnet. Sie bechreibt einen Prozess, während dessen geeignete Pflanzen durch ihr Wurzelsystem toxische Stoffe aus dem Boden extrahieren und in Geweben des Pflanzenkörpers konzentrieren, ohne als ganzes System Schaden davon zu tragen (essbar oder anderweitig für den menschlichen Gebrauch verwendbar sind sie danach natürlich nicht mehr). Dabei werden Toxine aus der Erde gezogen und gebunden oder durch Stoffwechselprozesse entgiftet. Zurück bleibt gesundende Erde.
Auch nach Fukushima erwägt die japanische Regierung nun den zentralisierten Anbau von Hanf in geschädigten Gebieten. Hanf kann dabei zweierlei Funktionen erfüllen: Im ersten Pflanzdurchgang reinigt er die kontaminierten Böden; in folgenden Pflanz-Zyklen unterstützt die Pionierpflanze die Erde dabei, sich wieder zu erneuern und ein für Bodenlebewesen fruchtbares Habitat zu werden.
Weiterführende Links
Ecological Footprint and Water Analysis of Cotton, Hemp and Polyester
Phytoremediation: Using Plants to Clean Soil