Cannabis in den Medien: Woher kommt das Image des “Teufelskrauts”?
Ein immer wieder diskutiertes Thema rund um Cannabis ist die Wirkung des Konsums auf die Psyche. Während medizinisches Cannabis seit 2017 von Ärzten etwa bei chronischen Schmerzen oder Schlafstörungen verschrieben werden kann, erlangt das Thema gleichzeitig noch immer durch Negativschlagzeilen mediale Aufmerksamkeit: Cannabis führe beispielsweise zu Depressionen und Angststörungen. Doch welche Aussagen der Medien können wissenschaftlich belegt werden und welche sollte man eher kritisch betrachten?
Was sagt die Wissenschaft zu Cannabis?
Die meisten Ergebnisse von wissenschaftlichen Studien zur Wirkung von Cannabis haben eines gemeinsam: Unsicherheit. Dieses Phänomen ist in der Wissenschaft nicht unüblich und unterliegt verschiedenen Ursachen.
Ein Forschungsproblem
Von wissenschaftlichem Interesse sind im Zusammenhang mit dem Cannabis-Konsum zumeist die Langzeitfolgen. Um diese zu ermitteln, werden mittels Befragungen über mehrere Jahre hinweg etwa das Konsumverhalten und das Auftreten von depressiven Symptomen abgefragt. In der Vergangenheit kamen Studien, beispielsweise von Hayatbakhsh et al. oder Bovasso, dann zum Ergebnis, dass Personen mit erhöhtem Konsumverhalten auch vermehrt Symptome psychischer Störungen aufweisen. Eine Studie von Danielsson et al. konnte einen solchen Zusammenhang nicht feststellen.
An dieser Stelle ergeben sich zwei Probleme, die bei der Interpretation von wissenschaftlichen Ergebnissen häufig vergessen werden. Selbst wenn augenscheinlich ein Zusammenhang zwischen dem Cannabis-Konsum und der Anfälligkeit für psychische Probleme vorliegt, muss dies nicht bedeuten, dass Cannabis ursächlich die Verantwortung für Depressionen trägt. Sogenannte Störfaktoren oder Drittvariablen können nicht ausgeschlossen werden: Beispielsweise könnte ein Kindheitstrauma im späteren Leben sowohl Depressionen begünstigen, als auch Betroffene zu einem erhöhten Cannabis-Konsum verleiten, weil sie so ihren Problemen entfliehen möchten. Zum anderen ist es schwer festzustellen, ob Cannabis-Konsum die Ursache oder Auswirkung psychischer Störungen ist. Vereinfacht gesagt stellt sich die Frage: Begünstigt Cannabis-Konsum die Entstehung von psychischem Leid oder begünstigt psychisches Leid den Konsum von Cannabis?
Um fundierte Aussagen über die langfristige Wirkung von Cannabis treffen zu können, sind zukünftig eine Vielzahl weiterer Studien notwendig. Je weiter Cannabis erforscht wird, desto geringer wird die Unsicherheit, welche aktuellen Aussagen über die Wirkungsweisen gemacht werden können.
Warum Medien bei der Berichterstattung über Cannabis häufig versagen
Mediale Berichte über Cannabis häufen sich nicht zuletzt seit politischen Diskussionen über eine Legalisierung. Oftmals erweist sich die Berichterstattung jedoch als einseitig und unreflektiert.
Journalisten sind keine Wissenschaftler
Medienschaffende sind Experten, wenn es um massenmediale Kommunikation geht, doch in keinem Fall allwissend. Wenn ein Journalist über Cannabis schreibt, dann muss er sich nötige Vorkenntnisse erst aneignen. Eine ausschöpfende Recherchearbeit und die Berücksichtigung von mehreren Quellen ist für einen gut ausgebildeten Journalisten eine Selbstverständlichkeit. Dennoch sind Fehler in manchen Fällen einfach nicht zu vermeiden.
Wissenschaftliche Studien sind komplex und geben meistens keine klare Ja- oder Nein-Antwort. Vielmehr geht es um Zusammenhänge und Wechselwirkungen, die korrekt interpretiert werden müssen. Die Berichterstattung über Cannabis neigt jedoch häufig zu Vereinfachungen. Man möchte schließlich den Leser nicht überfordern. Doch auf diese Weise kann es vorkommen, dass Befunde falsch oder unvollständig dargestellt werden.
Skandale verkaufen sich besser
Ein weiteres Problem findet sich in der sogenannten Nachrichtenwerttheorie. Eine Zeitung, ein Fernsehbeitrag oder ein Instagram-Post lassen nur einen begrenzten Platz für Informationen. Deswegen müssen Journalisten aussuchen, welche Nachrichten veröffentlicht werden und welche nicht. Nachrichten-Meldungen werden dafür unterschiedliche Wertigkeiten zugeschrieben. Etwa erweist sich das Ergebnis einer Bürgermeisterwahl in den USA als weniger relevant als die Bundestagswahl in Deutschland. Journalisten möchten Nachrichten publizieren, für die sich Leser, Hörer oder Zuschauer auch interessieren. Dies führt dazu, dass oft unseriöse Berichterstattung mit reißerischen Schlagzeilen stattfindet. Ein Skandal, ein Aufschrei oder eine Katastrophe verkauft sich besser. Die Berichterstattung über Cannabis wird folglich häufig erst dann relevant, wenn ein Journalist vermag, fatale Folgen des Konsums herausgefunden zu haben
Titelbild: Diyahna Lewis